Durch das Sozialgesetzbuch soll das früher in vielen Gesetzen verstreut geregelte Sozialrecht in einem einheitlichen Gesetzeswerk zusammengefasst und überschaubar gemacht werden. Dieses Vorhaben ist bereits weitgehend verwirklicht. Es sind folgende eigenständige Bücher des Sozialgesetzbuches in Kraft:
SGB I (Allgemeiner Teil): Das SGB I enthält u.a. Vorschriften über Auskunfts- und Beratungspflichten der Leistungsträger gegenüber dem Ratsuchenden. Es zählt ferner stichwortartig die wichtigsten, in den einzelnen Gesetzen geregelten Sozialleistungen auf, begründet allerdings selbst keine finanziellen Leistungsansprüche. Mit der
Teilhabe behinderter Menschen befasst sich § 10 SGB I. Danach haben Menschen, die körperlich, geistig oder seelisch behindert sind oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe ein Recht auf bestimmte erforderliche Hilfen. Dabei geht es funktional um verschiedene Ziele, u. a. darum,
- eine Behinderung abzuwenden oder ihre Folgen abzumildern,
- Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden,
- behinderten Menschen einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern,
- ihnen eine selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen,
- Benachteiligungen aufgrund der Behinderung entgegenzuwirken.
§ 29 SGB I zählt übersichtsartig die zur Errechnung dieser Ziele vorgesehenen Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen auf. Es sind dies die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sowie unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen. Ferner weist § 29 SGB I auf die besonderen und sonstigen Hilfen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen insbesondere im Arbeitsleben hin.
SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende): Mit dem Zweiten Buch hat der Gesetzgeber das bisherige Nebeneinander der Fürsorgesysteme von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe beendet und mit dem Arbeitslosengeld II eine einheitliche Sozialleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige geschaffen. Es geht im SGB II um eine Grundsicherung, verbunden mit einer intensiven Unterstützung der Leistungsberechtigten bei ihrer Eingliederung in Arbeit (vgl. §§ 1, 3 und 4 SGB II). Das SGB II fordert dabei von den Leistungsberechtigten ausdrücklich, dass diese alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen, sie müssen insbesondere aktiv an ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken (vgl. § 2 SGB II). Maßgebliches Unterscheidungskriterium zwischen der Grundsicherung nach dem SGB II und der Sozialhilfe nach dem SGB XII ist, ob der Betreffende erwerbsfähig ist (vgl. § 7 SGB II).
Träger der Leistungen nach dem SGB II sind die Bundesagentur für Arbeit sowie die kreisfreien Städte und Kreise. Letztere sind zuständig für Leistungen für Unterkunft und Heizung, Kinderbetreuungsleistungen, Schuldner- und Suchtberatung, Leistungen für besonderen einmaligen Bedarf sowie die psychosoziale Betreuung der Arbeitsuchenden. Die
Agentur für Arbeit ist für alle übrigen Leistungen der Grundsicherung zuständig. Dies sind insbesondere Leistungen zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt sowie Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts mit Ausnahme der Wohn- und Heizkosten (vgl. § 6 SGB II).
Beide Träger errichten vor Ort Arbeitsgemeinschaften in den nach dem SGB III eingerichteten Jobcentern, um die Leistungen „aus einer Hand“ zu erbringen (vgl. § 44b SGB II und § 9 Abs. 1a SGB III). Im Rahmen einer zunächst zeitlich befristeten Erprobung nehmen deutschlandweit 69 Kommunen zusätzlich zu ihren originären Aufgaben nach dem SGB II auch diejenigen der Agentur für Arbeit nach diesem Gesetz wahr (sog. optierende und zugelassene Kommunen).
SGB III (Arbeitsförderung): Inhalt des SGB III ist das früher im Arbeitsförderungsgesetz geregelte Recht der
Arbeitsförderung, d. h. die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit. Es beinhaltet vor allem die leistungsrechtlichen Grundlagen für die Förderung der
Arbeitsvermittlung, der
Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und die Entgeltersatzleistungen, insbesondere das Arbeitslosengeld I (
Arbeitslosenversicherung). Auch die Förderung der beruflichen Eingliederung behinderter Menschen ist Teil des SGB III (vgl. §§ 19, 97 ff., 218 Abs. 2, 219, 235a, 236 ff., 248 ff.).
SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung): Das SGB IV enthält gemeinsame Vorschriften für die gesetzliche
Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie soziale Pflegeversicherung), z. B. über die versicherten Personen, die Beiträge und die Selbstverwaltung der Träger.
SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung): Im SGB V sind die rechtlichen Grundlagen der gesetzlichen
Krankenversicherung geregelt. Aufgabe der Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Dazu sieht das SGB V Leistungen zur Verhütung von Krankheiten, zu ihrer Früherkennung sowie zu ihrer Behandlung vor. Ziel der Krankenversicherung ist es u. a., den Eintritt dauerhafter Behinderungen zu vermeiden (
Prävention). Daher haben Versicherte auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die erforderlich sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen abzumildern (§ 11 Abs. 2 SGB V).
SBG VI (Gesetzliche Rentenversicherung): Das SGB VI enthält die Regelung der gesetzlichen
Rentenversicherung. Nach dem Grundsatz „Rehabilitation vor Rente” stellt die Rentenversicherung den Versicherten umfangreiche Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation zur Verfügung. Ferner regelt das SGB VI das Recht der
Erwerbsminderungsrenten sowie der Renten wegen Alters einschließlich der
Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung): Im SGB VII finden sich die Regelungen zur gesetzlichen Unfallversicherung (
Berufsgenossenschaften). Sie befasst sich mit der Verhütung und den Folgen von
Arbeitsunfällen und
Berufskrankheiten (Versicherungsfälle). Geregelt sind im SGB VII daher die medizinische und berufliche Rehabilitation nach Arbeitsunfällen und bei Berufskrankheiten sowie die Rentenleistungen bei geminderter Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wichtig sind auch die im SGB VII enthaltenen weitgehenden Beschränkungen ihrer Haftung für Personenschäden infolge von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die auf ein Verhalten des Unternehmers oder eines im Betrieb Beschäftigten zurückzuführen sind.
SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe): Das SGB VIII enthält u. a. Regelungen zu den Leistungen der Jugendhilfe (z. B. Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz, Förderung der Erziehung in der Familie). Dazu gehören auch Ansprüche auf
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a SGB VIII), Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (z. B. deren Inobhutnahme) und die Bestimmungen über Pflegschaft und Vormundschaft für Kinder und Jugendliche.
SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen): Das
SGB IX umfasst alle gesetzlichen Regelungen zur Rehabilitation und
Teilhabe behinderter Menschen. Als sozialpolitisches Ziel aller Teilhabeleistungen nennt § 1 des SGB IX die Selbstbestimmung behinderter Menschen und ihre umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Das SGB IX definiert in § 2 die Begriffe Behinderung und Schwerbehinderung. Es beschreibt, was die verschiedenen Leistungen zur Teilhabe jeweils konkret bewirken sollen, welche Leistungsinhalte sie haben und wer der dafür zuständige Träger ist. Das SGB IX enthält außerdem Bestimmungen zur Zusammenarbeit der verschiedenen Leistungsträger untereinander sowie mit den Leistungserbringern und regelt die hierzu erforderlichen Verfahrensweisen. Auch das Schwerbehindertenrecht wurde als Teil 2 in das SGB IX integriert – und dadurch zugleich das frühere Schwerbehindertengesetz (SchwbG) abgelöst. Das Schwerbehindertenrecht umfasst die „Besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen”.
SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz): Gegenstand des SGB X sind vor allem genaue, für alle Sozialleistungsträger geltende Regelungen des Verwaltungsverfahrens. Es stärkt die verfahrensrechtliche Position des Bürgers (z. B. durch den Anspruch auf rechtliches Gehör und Akteneinsicht), begründet für ihn aber auch Mitwirkungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger. Wichtig für den Empfänger von Sozialleistungen ist auch der umfassende, strenge Datenschutz, den das SGB X in den §§ 67 ff. gewährleistet.
SGB XI (Soziale Pflegeversicherung): Das SGB XI enthält als eigenständigen Zweig der
Sozialversicherung die Pflegeversicherung zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit. Das SGB XI bestimmt dabei die Grundsätze, nach denen pflegebedürftige Menschen Hilfe erhalten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind. Danach hat z. B. die häusliche Pflege Vorrang vor der Pflege in stationären Einrichtungen. Betont wird auch der Vorrang von
Prävention und medizinischer Rehabilitation, um den Eintritt von Pflegebedürftigkeit zu vermeiden (vgl. § 5 SGB XI).
SGB XII (Sozialhilfe): Mit dem SGB XII ist auch das Recht der Sozialhilfe, das früher im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt war, Teil des SGB. In seinen allgemeinen Vorschriften beschreibt das SGB XII die Aufgaben der Sozialhilfe, bestimmt deren Nachrang gegenüber eigenen Bemühungen des Betroffenen und anderen Sozialleistungen und legt fest, wer Träger der Sozialhilfe ist. Das SGB XII regelt ferner, nach welchen Grundsätzen sich die Erbringung von Sozialhilfe richtet (z. B. nach den Bedarfsdeckungs- und dem Individualisierungsprinzip, vgl. die §§ 9 ff.). Die Sozialhilfe umfasst neben der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, der Hilfe zur Pflege und weiteren Leistungsarten auch die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 – 60) sowie die Blindenhilfe (§ 72). Für erwerbsfähige Hilfebedürftige hingegen gilt das SGB II.