Diabetes mellitus gehört zu den Stoffwechselerkrankungen und wird in zwei Arten unterschieden. Zum einen in die jugendliche oder juvenile Diabetes auch genannt Diabetes Typ 1 und zum anderen in die Erwachsenen- bzw. Altersdiabetes auch genannt Diabetes Typ2.
Typ 1 | Typ2 | |
Manifestations-alter | Meist vor dem 40. Lebensjahr | Meist im höheren alter |
Hauptursachen | Absoluter Insulinmangel infolge Zerstörung der B-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Wahrscheinlich Autoimmunerkrankung, z.B. durch Virusinfekte ausgelöst. | Verminderte Insulinwirkung an der Leber-, Muskel- und Fettzellen. Zunächst kompensatorisch erhöhte Insulinproduktion, die sich später erschöpft. Förderung der Manifestation z.B. durch Übergewicht, Bewegungsmangel, Schwangerschaft, Stress und bestimmte Arzneimittel. Es besteht ein relativer Insulinmangel |
Therapie | Insulin, diabetesgerechte Ernährung, Bewegung | Insulin, orale Antidiabetika, diabetesgerechte Ernährung, Bewegung, Gewichtsreduktion |
Symptome | Starkes und ständiges Durstgefühl (Polydipsie) Vermehrte Harnausscheidung (Polyurie) Übelkeit, Schwäche/Müdigkeit, Gewichtsverlust, Koma, Schweißausbrüche Entzündliche Hauterkrankungen, Harnweginfektion, Pilze, Juckreiz,, Leistungsknick |
Diagnose:
Glykohämoglobine (HbA1c bzw. HbA1)
Die Bestimmung der Glykohämoglobine HbA1c bzw. HbA1, im Blut erlaubt eine Aussage über den mittleren Blutzuckerspiegel der letzten 6-8 Wochen und damit eine Behandlungskontrolle.
Abhängig vom Blutzuckerspiegel lagert sich Glukose an die Hämoglobinmolekühle an und so kann man den „gezuckerten“ Anteil bestimmen.
Urinkontrolle (Glukose und Ketonnachweis)
Teststreifen ermögliche den Nachweis einer Glukosurie und Keton. Da dieser jedoch erst ab einer Hyperglykämie von ca. 180 mg/dl auftritt, ist der Glukosenachweis im Urin bereits ein „Alarmzeichen“.
Blutanalyse
Diese wird mit einem Schnelltestgerät oder beim Arzt durch Blutabnahme durchgeführt.
Komplikationen:
Es gibt zwei Hauptarten von Komplikationen, zum einen die Akutkomplikation und zum anderen die Spätschäden.
Akutkomplikation:
1. Unterzuckerung (Hypoglykämie), der BZ liegt unter 80 mg/dl
2. Überzuckerung (Hyperglykämie), der BZ liegt über 120 mg/dl
Spätschäden (ca. nach 10 Jahren):
1. Angiopathie (Durchblutungsstörungen), Makro/Mikro
Schlaganfall, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Diabetischer Fuß
2. Retinopathie (Augen/Sehstörungen)
Netzhautschäden, Erhöhung des Augeninnendrucks,
3. Polyneuropathie (Nervenstörungen), vegetative Störungen
Lähmungen, Schmerzen, Missempfindungen der Unterschenkel und Füße (Burning Feet), Diabetischer Fuß
4. Nephropathie (Nierenschäden)
Dialysepflichtig,
5. Schlechte Wundheilung
6. Infektionsneigung
Insulinarten:
Nach der Herkunft der Insulins werden tierische Insuline aus der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) von Schweinen oder Rindern vom genetisch produzierten und mit menschlichen Insulin identischen Humaninsulin unterschieden. Häufig führen tierische Insuline zu einer Insulinresistenz. Darüber hinaus gibt es noch Humaninsulin–Analoga, die ebenfalls genetisch hergestellt werden.
Beginn | Dauer | |
Kurz wirksame Insuline: | ||
Altinsulin | ca. 15 Min. | ca. 4-6 Std. |
Analoga | ca. 10 Min. | ca. 3 Std. |
Verzögerungsinsulin: | ||
Lang wirksame Insuline | ca. 1 Std. | ca. 24 Std. |
Mischinsuline | ca. 30 Min. | Individuell je nach Mischverhältnis |
Intermediär Insulin | ca. 30-90 Min. | ca. 12-24 Std |
Insulintherapie:
Es gibt drei verschiedene Therapien: die konventionelle, intensivierte konventionelle und die Insulinpumpentherapie.
Konventionelle | Intensivierte Konventionelle | Insulinpumpe | |
Diabetiker Typ | Für Insulinpflichtige Typ 2 Nur als Notlösung für Typ1 | Jugendliche und Erwachsene mit unregelmäßigen Tagesablauf | Bei schwer einstellbaren Diabetikern oder einer Schwangerschaft |
Einnahme | Vor dem Frühstück und Abendessen ein Mischinsulin | Zur Deckung des Basalbedarfs einmal täglich. Abends bei bedarf, falls nötig morgens und abends ein lang wirksames Insulin, zusätzlich zu den Hauptmahlzeiten, also 3 mal täglich ein kurz wirksames Insulin | Den ganzen Tag wird über eine fest einprogrammierte Basalrate von kurz wirksamen Insulin freigesetzt |
Vorteile | 2 mal am Tag | Gute Stoffwechsellage und tageszeitliche Flexibilität | Muss nicht gespritzt werden |
Nachteile | Tagesablauf und Essverhalten muss angepasst werden | Bei Zwischenmahlzeiten muss nochmals gespritzt werden | Muss ständig mitgeführt werden |
Antidiabetika (Orale medikamentöse Therapie):
Diese Therapieform wird bei Typ 2 Diabetiker angesetzt, bei denen mit Diät, Bewegung und Gewichtsabnahme keine befriedigende Stoffwechseleinstellung erzielt werden kann.
Hemmstoffe der Kohlenhydrat-resoption | Biguanide | Sulfonyl-harnstoffe | Prandiale Glukose-regulatoren | Insulin-sensitizer | |
Wirkung | Glätten die Blutzuckerspitzen | Reduktion der Glukoseresoption (Aufnahme), Hemmung der Glukose-neubildung in der Leber und Verstärkt die periphere Insulinwirkung | Stimuliert die Insulinsekretion (Absonderung) der Pankreas und wirken so blutzucker-senkend | Steigern die Insulinfreisetz-ung aus der Bauchspeichel-drüse in Abhängigkeit vom Blutglukose-spiegel | Sollen die Gewebe für die Insulinwirkung empfindlicher machen, d.h. die Insulinresistenz des Typ 2 Diabetikers bessern. Der Fettstoffwechsel soll ebenfalls positiv beeinflusst werden. |
Neben-wirkung | Blähungen und Völlegefühl sind die folge von nicht resorbierten KH im Dickdarm | Magen-Darm Beschwerden, Blutbildveränder-ungen , Stoffwechselent-gleisungen in Form von Blutübersäuerung (Laktatazidose) | Unterzuckerung, Magen-Darm Beschwerden, Übelkeit, Erbrechen, allergische Hautreaktion | Bauch-schmerzen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung (Obstipation) | Gewichtszunahme, Leberschäden, Ödeme, Anämie |
Einnahme | Zu Beginn einer Mahlzeit | Nach dem Essen | Eine halbe Stunde vor dem Essen | Vor dem Essen. Max Wirkung nach 45 Min. erreicht | |
Vorteil | Keine Unterzuckerung | Keine Unterzuckerung, hemmt den Appetit | 1 mal täglich, die Zielzellen werden insulin-empfindlicher | Kaum Unterzuckerung | |
Medika-ment | Glucobay | Glucophage, Siofor | Glutril, Glurenorm, Englucon, Amaryl | Novo Norm, Starlix | Actos, Avandia |
Hauptver-treter der Medi-kamente | Enzymhemmer wie Acarbose | Metaformin | Gilbornurid, Gliquidon | Repaglinid, Nateglinid | Rosiglitazon, Pioglitazon, Glitazone |
Ggf. Besonder-heiten |
ABEDL:
1. Kommunizieren
· Ansprechpartner, mit dem er sich außerhalb der Arztpraxis über seine Erkrankung unterhalten kann. Chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus können im Laufe der Zeit tief in das Lebensgefühl eingreifen und es kann zu einem Burn-out des Diabetikers kommen.
· Bei Unterhaltungen mit dem Diabetiker kann man auf seinen Bewusstseinszustand schließen und es lassen sich Hyper- oder Hypoglykämien bereits im Vorfeld erkennen. Äußerungen über Schmerzen oder Kribbelgefühlen in den Extremitäten kann ein erster Hinweis auf Neuropathie sein.
· Wenn der Diabetiker nicht mehr in der Lage ist, sich verbal mitzuteilen, z.B. bei Demenzerkrankungen. Muss der Pflegende ein Einfühlungsvermögen und eine gute Beobachtungsgabe zeigen und die Mimik und Gestik des Diabetikers genau zu beurteilen.
2. sich bewegen
· Wegen der oft verschlechterten Durchblutung ist besonders auf Dekubitus-Prophylaxe zu achten.
· Der Diabetiker ist im Bereich der Füße sehr gefährdet, aus diesem Grund sollte er bequem sitzende Schuhe tragen, keine einengenden Socken oder Strümpfe (Kompressionsstrümpfe bilden hierbei jedoch eine Ausnahme, da die Thromboseprophylaxe eine höhere Priorität hat). Schuhe sollten am Besten beim orthopädischen Schuhmacher gekauft werden.
· Diabetiker sollten nicht barfuß oder nur mit Socken herumlaufen, da das Tast- und Schmerzempfinden herabgesetzt ist, so dass schon auf dem Boden herumliegende Gegenstände wie z.B. Holzsplitter Ursache für ein diabetisches Gangrän sein können.
· Beobachten des Ganges eines Diabetikers ist sehr wichtig, da Gangunsicherheiten auf eine Hypoglykämie deuten können.
· Durch vermindertes Schmerzempfinden und Durchblutungsstörungen kommt es zu unphysiologischen Belastungen des Fußes an typischen Stellen wie Fußballen, Ferse und in der Folge zu überschießender Hornhautbildung und
3. vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten
· Regelmäßige Kontrolle und Dokumentation aller Vitalwerte wie RR, Puls, BZ, Temperatur, Gewicht sind wichtig und notwendig.
· Die Atmung, Temperaturregulation und die Kreislaufsituation des Betroffenen sind zu beobachten und zu dokumentieren und bei Auffälligkeiten ggf. den Arzt zu informieren.
· Stoffwechselentgleisungen kann man daran erkennen, dass ein Diabetiker ständig müde, nur schwer weckbar ist, auch Übelkeit und Erbrechen weisen darauf hin.
· Nächtliches Schwitzen weist auf eine mögliche nächtliche Hypoglykämie hin.
· Kalte, blasse (blaue) Extremitäten (Nase, Finger, Zehen, Ohrläppchen) geben einen möglichen Hinweis auf periphere Durchblutungsstörungen.
4. sich pflegen
· Darunter fällt außer der normalen und individuellen Körperpflege die besondere Hautpflege und Hautbeobachtung bei Diabetikern.
· Einstichstellen der Insulininjektionen sollten in regelmäßigen Abständen gewechselt werden, um Hautschäden zu vermeiden.
· Das regelmäßige Wechseln von Nadeln an Pens trägt dazu bei Hautveränderungen zu vermeiden.
· Aufgrund einer herabgesetzten Resistenz gegenüber Infektionen der, müssen alle Maßnahmen der Körperpflege (Hautpflege/Intimpflege) mit besonderer Sorgfalt und unter genauer Beobachtung der Veränderungen durchgeführt werden.
· Besondere Beobachtung gilt dem Genitalbereich, da Diabetiker leicht zu Pilzinfektionen neigen. Auch Diabetiker, die ihre Intimpflege selbst durchführen, sollten z.B. im Heim vom Pflegepersonal vorsichtig nach Veränderungen, wie z.B. Juckreiz (Intertrigoprophylaxe) gefragt werden.
· Hautschäden müssen beobachtet und dokumentiert werden. Rote Flecken, Quaddeln, Pusteln usw. können auf Allergien auf Insulin, häufiger aber auf Insulinzusatzstoffe hinweisen.
· Diabetiker neigen aufgrund seiner Durchblutungsstörungen zu schlechterer Wundheilung (Ulcus cruris oder Gangrän).
· Vor allem beim täglichen Waschen der Füße ist ein gründliches Abtrocknen zwischen den Zehenräumen notwendig.
· Die Beine und Füße können ruhig eingecremt werden, jedoch nicht zwischen den Zehen.
5. essen und trinken
· Ärztlich verordnete Diät, sollte von dem Diabetiker eingehalten und ggf. vom Pflegenden kontrolliert werden.
· Wenn ein Diabetiker Zwischenmahlzeiten benötigt, ist es Aufgabe des Pflegepersonals daran zu denken und es ihm ggf. zu reichen.
· Übelkeit und Erbrechen können ein Hinweis auf eine schwere Stoffwechselentgleisung sein.
· Besonders schwierig ist es bei Diabetikern, die Insulin nehmen und Erbrechen oder Durchfall haben, hier ist auf jeden Fall Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu nehmen.
· Die Diabetiker sollten in diesem Bereich bei allen Fragen rund um die Diabetes-Diät unterstützt werden. Auch muss darauf geachtet werden, dass der Diabetiker genügend Flüssigkeit zu sich nimmt.
6. ausscheiden
· Eine erhöhte Urinausscheidung und Trinkmenge, deuten auf Diabetes mellitus hin.
· Der Diabetiker muss unbedingt über die Anzeichen einer Blasen- oder Nierenbeckenentzündung aufgeklärt sein, da diese Infekte bei Diabetikern deutlich erhöht sind.
· Ist Urinausscheidungsmenge zu hoch, deutet das auf eine Hyperglykämie oder auf eine Nierenfunktionsstörung hin. Die Gefahr der Austrocknung durch zu hohen Wasserverlust des Körpers kann auch eine Thrombose begünstigen.
· Der Geruch des Urins kann auf bestimmte Stoffwechselentgleisungen hinweisen. (säuerlich » Ketoazidose)
· Eine zu hohe Dosis an oralen Antidiabetiker kann zu Durchfall führen.
· Durchfall und auch übermäßige Urinausscheidung können auch zu Hautschäden führen.
7. sich kleiden
· Die Kleidung sollte aus Baumwolle oder Wolle sein, da diese Feuchtigkeit gut aufsaugt. Feuchtigkeit begünstigt Reizungen und Verletzungen, sowie Mazeration der Haut und bietet einen guten Nährboden für Pilze und Bakterien und fördert Infektionen.
· Auch auf gutes und sicheres Schuhwerk muss geachtet werden, da Diabetiker eine verminderte Schmerzempfindlichkeit und Durchblutungsstörungen haben, müssen auch die Füße täglich auf Druckstellen und ähnliches untersucht werden.
8. ruhen und schlafen
· Nächtliche Hyper- und Hypoglykämien können Wohlbefinden des Diabetikers empfindlich beeinträchtigen. BZ-Kontrollen vor dem Schlafengehen sind daher nötig.
· Da die Resorption des Insulins an verschiedenen Körperstellen unterschiedlich schnell vor sich geht (Injektion am Bauch » schnellere Resorption, Injektion am Oberschenkel » langsamere Resorption) sollte die abendliche Injektion in den Oberschenkel erfolgen.
9. sich beschäftigen
· Diabetiker sind in ihrer Tagesgestaltung nur leicht eingeschränkt, da sie sich an bestimmte Essenszeiten halten müssen (vor allem Typ-2 Diabetiker). Jedoch ist es auch für Diabetiker möglich, z.B. an einem Tagesausflug, den das Heim veranstaltet teilzunehmen.
· Die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten und ähnlichem wirkt sich vorteilhaft auf die Stoffwechselstörung aus.
10. sich als Mann oder Frau fühlen
· Diabetiker neigen häufiger als Gesunde zu Pilzinfektionen im Intimbereich. Von vielen älteren Menschen wird das noch als Geschlechtskrankheit angesehen. Bei Diabetikern, die ihre Grundpflege noch selbst übernehmen, sollte deshalb vorsichtig nach Problemen/Veränderungen nachgefragt werden
11. für eine sichere Umgebung sorgen
· Ausreichende Verpflegung mit Hilfsmitteln, sowie die individuelle Anpassung der Therapie an die Bedürfnisse und Gewohnheiten des Diabetikers, sowie die Überwachung der Vitalzeichen (Puls, RR, BZ, Gewicht, Temperatur.)
· Dazu zählen auch die Maßnahmen, die den Diabetikern vor Verletzungen schützen sollen, wie die Wahl des richtigen Schuhwerks, korrekte Fußpflege usw.
· Der Diabetiker sollte in der Wohnung (Heim) gut sitzende, geschlossene Hausschuhe tragen, um seine Füße vor Bagatell-Verletzungen zu schützen.
12. soziale Bereiche des Lebens sichern
· Bestehende Beziehungen aufrechtzuerhalten.
13. mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen
· Die tägliche Auseinandersetzung mit der chronischen Erkrankung Diabetes mellitus erfordert von dem Diabetiker ein hohes Maß an Kraft und Kompromissbereitschaft.
· Burn-out, das Ausgebrannt sein erfordert vom Pflegepersonal ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl. Man soll sich immer vor Augen führen, dass man das bestmögliche an Lebensqualität für seinen Bewohner möchte. Deshalb darf sich ein Diabetiker auch mal die "Freiheit" nehmen, sich mal nicht zu messen (oder messen zu lassen), mal völlig auf seine Diät zu pfeifen. Mal ein Tag ohne Diät, hat sicher einen hohen "Erholungswert" für einen ausgebrannten Diabetiker. Gerade für den älteren Diabetiker hat Essen eine ganz andere biografische Bedeutung als für jüngere Menschen.